Menschen und Kulturen

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Die kulturelle Programmierung des Individuums

Wie beeinflusst Kultur also den Menschen, und warum kann Hofstede von einer "kollektiven Programmierung des Geistes" reden?

Der Mensch (oder ein Mensch) wird immer in eine Kultur hineingeboren, und nimmt diese direkt auf. Die "Kultivierung", b.z.w. kulturelle Programmierung, findet dabei bereits im Babyalter an - mit 7 Jahren ist dann bereits der größte Teil der Kultur verinnerlicht. Dabei ist uns "die Kultur" als geistiges und unbewusstes "Steuerelement" zur Interaktion nicht direkt bewusst. So ist, z.B. die Frage nach grundlegenden Werten einer Kultur meistens nur schwer beantwortbar - wird aber so und als vorgegeben akzeptiert, zumindest innerhalb der Kultur.

Da sich der Großteil der Menschen oftmals nur innerhalb einer kulturellen Gruppe bewegen - und eine Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur wenn überhaupt nur oberflächlich stattfindet - wird die "kulturelle Programmierung" auch nur selten bewusst. Der monokulturelle Mensch verhält sich also weiter entsprechend seiner kulturellen Abstammung, und interpretiert alle Vorkommnisse entsprechend seiner kulturellen Programmierung. So wird, z.B. das Verhalten von Ausländern oftmals als einfach "komisch" abgetan, da es nicht mit der vorhandenen kulturellen Programmierung zu interpretieren ist.

Eine direkte Konfrontation und offene Auseinandersetzung mit einer anderen Kultur ist daher, zumindest latent, "gefährlich" - denn sie kann das gesamte Wertesystem bis in die Grundfesten erschüttern, und kann das Hinterfragen der Grundwerte herausfordern. Es erscheint daher zumindest verständlich, daß viele Menschen diese Konfrontation in vollem Umfang eher vermeiden, und sich in die "Sicherheit" und Vertrautheit der eigenen Kultur zurück ziehen.

Unvermeidbar wird diese Konfrontation natürlich für Menschen die in einem anderen Land für einen längeren Zeitraum leben. Dabei wird alleine für die Beherrschung der äußeren Kulturschicht aus unserem Model rund 1 Jahr gebraucht - vorausgesetzt, die Person spricht die Sprache des Aufenthaltslandes fließend. So kann man mit der Zeit eine Schicht nach der nächsten unseres Kulturmodels "entpacken" - und erkennen. Durch die Auseinandersetzung wird dann, zumindest in den meisten Fällen, die eigene kulturelle Programmierung bewußt. Hier ist es noch wichtig anzumerken, daß die benötigte Zeit zur Akulturalisierung eines Menschen sehr unterschiedlich sein kann. Dabei können Personen im allgemeinen sich schneller akulturalisieren je öfter sie es bereits gemacht haben; es gibt allerdings auch Menschen die sich auch nach Jahren in einer anderen Kultur nicht akulturalisiert haben.

Die kulturelle Programmierung einer Kultur

Eine Kultur ist eine Gruppe aus Menschen - die alle die gleiche oder zumindest sehr ähnliche kulturelle Programmierung haben. Das bedeutet, daß sie sich alle (oder doch zumindest zum größten Teil) entsprechend den Normen und Werten der Kultur benehmen, und das Verhalten anderer Menschen an diesen Normen und Werten messen. Dabei soll dies natürlich nicht heißen, daß alle Personen innerhalb einer Kultur total identisch sind - sie verhalten sich nur relativ ähnlich, im Vergleich mit dem Verhalten in einer anderen Kultur, nicht notwendigerweise im Vergleich zur eigenen Kultur.

Dabei können sich, z.B. Engländer zumindest in einigen Teilbereichen so verhalten wie Franzosen, was nicht bedeutet, daß sich die Mehrheit gleich verhält.

Zum Beispiel kann man hier die Zeitspanne nehmen, die Engländer und Franzosen zum Mittagessen benötigen. Wie man an der Abbildung sieht, benötigen die Engländer im Durchschnitt weniger Zeit als die Franzosen. Jedoch überschneiden sich beide Graphen in der Mitte, und representieren Engländer und Franzosen die ungefähr gleichlange brauchen. Beide sind jedoch nicht in der Mehrheit in ihrer Kultur - und bilden Extreme.

Kulturspezifisch kann man sagen, daß die Engländer sich "kulturkonform" verhalten solange ihre Zeitspanne unterhalb der ersten Kurve liegt, die Franzosen wenn ihre Zeitspanne unter der zweiten Kurve liegt. Dabei bewegen sich die Kurven je nach Kulturdistanz weiter auseinander, b.z.w. aufeinander zu.

 

 

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Übersetzt aus dem Englischen. Originalfassung:
Dahl, Stephan (2000)
"Introduction to Intercultural Communication", in Dahl, Stephan "Intercultural Skills for Business", ECE, London.
Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

 

 

 


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